Navigation

BGH i.S. EM.TV: Neue Aussagen zur Schadensersatzhaftung in Fällen fehlerhafter Ad-hoc-Publizität

„In einem Urteil vom 09.05.2005, II ZR 287/02 (darüber haben wir bereits mit Meldung vom 10.05.2005 berichtet), dessen schriftliche Gründe erst jetzt veröffentlicht wurden, hat der BGH entschieden, dass die EM.TV AG für vorsätzliches Fehlverhalten ihrer Organe, insbesondere der Herren Haffa, nach § 826 BGB auf Schadensersatz haftet. Der BGH hat in diesem Urteil klar zum Ausdruck gebracht, dass die Schadensersatzhaftung nicht etwa an den Kapitalerhaltungsvorschriften (§§ 57, 71 AktG) scheitert. Zutreffend hat der BGH ausgeführt, dass geschädigte Anleger der Aktiengesellschaft insoweit wie Drittgläubiger gegenüberstehen, so dass eine Privilegierung der Aktiengesellschaft in diesen Fällen nicht gerechtfertigt ist. Überdies kann dem Urteil entnommen werden, dass auch nach Auffassung des BGH die den Herrren Haffa vorgeworfenen Verstöße gegen die Ad-hoc-Publizität und die Regelberichterstattung eine Schadensersatzhaftung nach § 826 BGB (und nach §§ 823 II BGB i.V.m. § 400 I Nr. 1 AktG) rechtfertigen. Weil das OLG München in der Vorinstanz den Sachverhalt jedoch nicht vollumfänglich aufgeklärt hat, wurde die Angelegenheit an das OLG München zurückverwiesen. Der BGH hat in dem Urteil noch zwei weitere Punkte angesprochen und damit den Weg für spätere Verurteilungen (auch in Parallelfällen) geebnet: Zunächst ergibt sich aus den Urteilsgründen, dass Anleger nicht nur dann Schadensersatz verlangen können, wenn sie durch eine falsche Ad-hoc-Meldung zum Kauf einer Aktie bewogen wurden; vielmehr kann Grundlage einer Schadensersatzhaftung auch eine Haltensentscheidung sein. In diesem Fall kann der Anleger den hypothetischen Verkaufserlös als Schaden ansetzen. Seiner Darlegungslast genügt ein solcher Anleger bereits dann, wenn er Umstände vorträgt, auf deren Grundlage das Gericht – gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen – eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO vornehmen kann. Weiter hat der BGH betont, dass gerade in den Fällen, in denen ein Anleger zum Beweis der Hintergründe seiner Anlageentscheidung lediglich seine eigene Aussage anführen kann, eine Parteieinvernahme von Amts wegen nach § 448 ZPO geboten sein kann. Von besonderer Bedeutung ist hierbei das Zeitmoment. Als Beispiel benennt der BGH den Fall, in dem ein Anleger am Tag einer falschen Ad-hoc-Meldung (oder einen Tag später) eine Kaufentscheidung getroffen hat; hier kann die Anfangswahrscheinlichkeit im Sinne des § 448 ZPO vorliegen. Aufgrund dieser Entscheidung des BGH haben sich nach unserer Auffassung die Chancen der von uns vertretenen Anleger auf eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer Schadensersatzansprüche weiter erhöht.

Ansprechpartner: Rechtsanwalt Klaus Rotter (+49 89 64 98 45-0; rotter@rrlaw.de)