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Aktuelle Rechtsprechung zum Verbraucherdarlehensvertrag – Auflösung von überteuerten Darlehensverträgen möglich

Deutsche Banken verkaufen zunehmend Verbraucherdarlehensverträge mit einer überteuerten Restschuldversicherung. Dies kann unter Berücksichtigung der Kosten für die Restschuldversicherung schnell zu einem effektiven Jahreszins von über 20% führen. Die Banken versuchen über diesen Weg zu einer Verzinsung zu gelangen, die sie nach bisherigen Rechtsprechungsgrundsätzen des BGH zur Sittenwidrigkeit nicht verlangen durften.

Aktuelle Rechtsprechung zum Verbraucherdarlehensvertrag

Aktuelle Entscheidungen obergerichtlicher Rechtsprechung erlauben dem Bankkunden dennoch, sich in bestimmten Fallkonstellationen unter hohen Ersparnissen von dem teuren Verbraucherdarlehensvertrag zu lösen.

So entschied das Landgericht Hamburg am 11. Juli 2007 (Az.: 322 O 43/07), dass Verbraucherdarlehensvertrag und Restschuldversicherung einen verbundenen Vertrag im Sinne des § 358 BGB darstellen. Die Folge ist, dass nach § 358 Abs. 5 BGB die Widerrufsbelehrung auch darauf hinweisen muss, dass im Falle des Widerrufs des Verbraucherdarlehensvertrages auch die Restschuldversicherung von der Bank zurückgezahlt werden muss. Wir wissen aus unserer Praxis, dass zahlreichen Verbraucherdarlehensverträgen diese Widerrufsbelehrung fehlt. Als Rechtsfolge kann der Verbraucherdarlehensvertrag und die Restschuldversicherung widerrufen werden. Im Falle des Widerrufs erhält der Bankkunde den Betrag der Restschuldversicherung und der Bearbeitungskosten zurück. Je nach Fallkonstellation ist es sogar denkbar, dass der Bankkunde keine Zinsen mehr zu zahlen hat.

Restschuldversicherung kann sittenwidrig sein

Weiterhin kann die Restschuldversicherung als solches nach einem aktuellen Beschluss des OLG Hamm vom 19. Dezember 2007 (Az.: 31 W 38/07) sittenwidrig sein, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen den von ihr geschuldeten Versicherungsbeiträgen und marktüblichen Versicherungsbeiträgen in beachtlicher Weise aufgezeigt wird. In dem betreffenden Verfahren überstieg die streitgegenständliche Restschuldversicherung hinsichtlich der Kosten andere Restschuldversicherungen zwischen 381% bis 922%. Bei einem solch krassen Missverhältnis ist die Rückzahlung der Restschuldversicherung möglich.

Aber auch aus dem Zusammenspiel zwischen hohen Kosten der Restschuldversicherung und der Zinsbelastung des Darlehensbetrages kann sich die Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrages ergeben. Ein Darlehensvertrag ist nach ständiger BGH-Rechtsprechung dann sittenwidrig, wenn der Vertragszins den marktüblichen Effektivzins relativ um 100% oder absolut über 12 Prozentpunkte übersteigt. Der BGH hat bisher in bestimmten Fallkonstellationen die Kosten für die Restschuldversicherung bei der Sittenwidrigkeitsprüfung ausgeklammert. Diese Rechtsprechung ist jedoch für Fälle entwickelt worden, bei der sich die Kosten der Restschuldversicherung im einstelligen Prozentbereich des Darlehensbetrages bewegen. Da in Fällen, in denen die Kosten der Restschuldversicherung einen hohen Prozentsatz des Darlehensbetrages ausmachen, davon auszugehen ist, dass die Absicherung überwiegend im Interesse des Darlehensgebers erfolgt, hat dementsprechend das Landgericht Bonn mit Urteil vom 10. Mai 2007 (NJOZ 2007, 3332) entschieden, dass die Beiträge zur Restschuldversicherung bei der Ermittlung des effektiven Jahreszinses des Ratenkredites dann nicht unberücksichtigt bleiben können, wenn sie einen hohen Prozentsatz der Nettokreditsumme ausmachen. Die Koppelung von Krediten mit Restschuldversicherung, die zu massiv höheren effektiven Jahreszinsen führen, sind auch bereits Gegenstand zahlreicher Klagen.

Hierbei sind die Rechtsfolgen der Sittenwidrigkeit für den Bankkunden besonders günstig. Die Bank muss in dem Falle der Sittenwidrigkeit dem Darlehensnehmer die Kapitalnutzung für die vereinbarte Zeit zinsfrei belassen. Der Darlehensnehmer kann alles herausverlangen, was er über die Nettokapitalanteile hinaus an den Kreditgeber gezahlt hat. Hinzu kommt die tatsächlich gezahlte Restschuldversicherung, wenn diese für sich genommen sittenwidrig ist. Für den Kunden ergeben sich daher im Falle der Sittenwidrigkeit enorme Kostenvorteile.

Auf Grund der jüngsten Entwicklung der Rechtsprechung sollte sich der betroffenen Bankkunde für die Loslösung von seinem überteuerten Darlehensvertrage anwaltlicher Hilfe bedienen.

Ansprechpartner: Rechtsanwalt Bernd Jochem (+49 89 64 98 45-0; jochem@rrlaw.de)