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OLG Stuttgart bestätigt Pflichtverletzung der Daimler AG – Kein Schadensersatz für geschädigte Anleger

Das OLG Stuttgart hat in dem Kapitalanleger-Musterverfahren gegen die Daimler AG, vormals DaimlerChrysler AG, (Az 20 Kap 1/08) am 22.04.2009 entschieden, dass die Musterbeklagte im Zusammenhang mit dem Ausscheiden ihres früheren Vorstandsvorsitzenden, Herrn Prof. Jürgen Schrempp, zwingende kapitalmarktrechtliche Vorschriften verletzt hat. Damit steht zur Überzeugung des OLG Stuttgart fest, dass die Musterbeklagte den Kapitalmarkt nicht rechtzeitig über den Wechsel im Vorstandsvorsitz informiert hat. Darüber hinaus hat das Verfahren ergeben, dass es die Musterbeklagte auch versäumt hat, jedenfalls ein Mitglied ihres Aufsichtsrates rechtzeitig insiderrechtlich zu belehren. Das OLG hat damit in einigen wesentlichen Punkten den Vortrag des Musterklägers zu den Verstößen der Daimler AG gegen die Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) bestätigt.

Dennoch bleibt den geschädigten Anlegern ein Schadensersatzanspruch nach Auffassung des Senats verwehrt. Das OLG Stuttgart begründet dies mit der Rechtsfigur des „rechtmäßigen Alternativverhaltens“. Hierzu heißt es in dem Beschluss, der von den Investoren geltend gemachte Schaden wäre auch in gleicher Weise eingetreten, wenn sich die Daimler AG als Schädigerin in einer Weise verhalten hätte, die rechtmäßig oder entschuldigt gewesen wäre.

Insoweit, wie auch hinsichtlich der der Entscheidung zugrundegelegten Annahme des Senates zu Entstehungszeitpunkten und Konkretisierungsgrad der in Frage stehenden Insiderinformationen erachten wir den jetzt ergangenen Musterentscheid jedoch für rechtsfehlerhaft. Diese Rechtsauffassung des Musterklägers findet im Übrigen auch in der vor Kurzem veröffentlichten Entscheidung des OLG Frankfurt am Main (Az 2 Ss-OWi 514/08) in dem dort auf Grundlage des identischen Sachverhaltes geführten Bußgeldverfahren eine Stütze. Letzteres hatte im Widerspruch zum jetzt ergangenen Musterentscheid festgestellt, dass schon dann eine eigenständige Insiderinformation entstanden wäre, wenn der damalige Vorstandsvorsitzende, Herr Prof. Schrempp, gegenüber dem ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden, Herrn Kopper, sein Amt zur Verfügung gestellt habe. Bereits zu diesem Zeitpunkt wäre die Daimler AG verpflichtet gewesen, diese konkrete Information unverzüglich auch den Marktteilnehmern mitzuteilen, damit auch diese sich bei ihren Investitionsentscheidungen auf die neue Sachlage einstellen könnten.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Musterkläger den Musterentscheid im Wege des Rechtsbeschwerdeverfahrens abermals durch den Bundesgerichtshof (BGH) überprüfen lassen wird. Der BGH hatte bereits zuvor in diesem Verfahren eine Entscheidung des OLG Stuttgart wegen verfahrensfehlerhafter Tatsachenfeststellung mit Beschluss vom 25.02.2008 (Az II ZB 9/07) aufgehoben.

Ansprechpartner: Rechtsanwalt Klaus Rotter (+49 89 64 98 45-0; rotter@rrlaw.de)