BGH fordert Aufklärung über Effektivzinsatz bei Versicherungen – bei Ratenzahlung von Versicherungsprämien Rückforderung von Überzahlungen oder vollständige Rückabwicklung
Der BGH fordert Aufklärung über den Effektivzinsatz bei Versicherungen. Alle Versicherungsnehmer, die ihren Versicherungsbeitrag in monatlichen, viertel- oder halbjährlichen Raten zahlen, können unter bestimmten Voraussetzungen von einem BGH-Urteil vom 29. Juli 2009 profitieren. Danach besteht eine Pflicht zur Angabe des Effektivzinssatzes auch bei der ratenweisen Zahlung von Versicherungsprämien mit Ratenzuschlägen (BGH I ZR 22/07).
Wer Versicherungsbeiträge unterjährig in Raten überweist und dafür einen Zuschlag zahlen muss, kann unter Umständen Geld von der Versicherung zurückfordern oder seine Versicherung sogar vollständig rückabwickeln.
Aufklärung über den Effektivzinsatz bei Versicherungen erforderlich
Bei Ratenzahlungszuschlägen müssen die Versicherer den effektiven Jahreszins angeben, was kaum eine Versicherung macht. Die Versicherungsnehmer können daher zum Einen verlangen, dass ihr Zins rückwirkend an den gesetzlichen Zinssatz von 4 Prozent pro Jahr angepasst wird. Verlangt die Versicherung bei monatlicher Zahlweise zum Beispiel den üblichen Ratenzahlungszuschlag von 5 Prozent, dann entspricht das einem effektiven Jahreszins von 11,35 Prozent. Versicherte haben daher gegebenenfalls Anspruch auf eine Rückzahlung von mehreren Hundert oder Tausend Euro.
Zum anderen dürften Kunden jedenfalls alle seit 01.11.2002 abgeschlossenen Verträge (auch bereits gekündigte oder abgelaufene) noch heute bei damals fehlender Aufklärung über das Widerrufsrecht bei Verbraucherkrediten widerrufen können. (Jedenfalls sofern der Vertrag in einer „Haustürsituation“ abgeschlosen wurde, dürfte dies sogar für alle nach dem 1.01.1991 abgeschlossenen Verträge gelten.) Auf diese Weise können die Verbraucher alle geleisteten Beiträge zuzüglich üblicher Kapitalmarktzinsen zurückverlangen.
Betroffen sind alle privaten Versicherungen, die Verbraucher in Raten zahlen – zum Beispiel Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherungen. Die private Krankenversicherung ist nicht betroffen, da insoweit regelmäßig von vornherein Monatsbeiträge vereinbart werden, auf die umgekehrt bei jährlicher Vorauszahlung ein Nachlass gewährt wird. Der Versicherungsbeitrag muss außerdem mindestens € 200,00 im Jahr ausmachen.
Fondsgebundene Versicherungen
Insbesondere für Anleger, deren fondsgebundene Versicherungen in der Finanzkrise gelitten haben, kann es sich lohnen, eine rechtliche Prüfung vornehmen zu lassen. Im Idealfall kann der Versicherungsnehmer alle gezahlten Prämien nach seinem Widerruf verzinst zurück erhalten. Dies ist regelmäßig weit mehr als der Rückkaufswert, selbst wenn dieser vom Versicherer bereits auf den sogenannten Mindestrückkaufswert gemäß BGH-Rechtsprechung aufgestockt wurde.
Im Hinblick auf die Verjährungsfrist, die spätetestens durch das BGH-Urteil in Lauf gesetzt wurde, sollte man damit nicht länger warten.
Ansprechpartner: Rechtsanwalt Klaus Rotter (+49 89 64 98 45-0; rotter@rrlaw.de)