Musterverfahren in Sachen Constantin Medien AG (EM.TV Vermögensverwaltungs AG) beginnt positiv für geschädigte Anleger: Ad-hoc-Mitteilung vom 22.03.2000 nach erster Einschätzung des Gerichts sogar unter mehreren Gesichtspunkten unrichtig
Am 23.11.2012 fand vor dem Senat für Kapitalanleger-Musterverfahren des Oberlandesgerichts München (OLG) der erste Verhandlungstermin im Musterverfahren gegen die Constantin Medien AG (u.a.) statt (Az. 5 Kap 09).
In diesem Musterverfahren geht es um die Frage, ob die damalige EM.TV Vermögensverwaltungs AG mit ihrer Ad-hoc-Mitteilung vom 22.03.2000 zum Erwerb von 50% der Anteile an der Formel 1- Holding SLEC gegen § 15 WpHG (a.F.) verstossen hat, weil die Meldung ganz oder teilweise unwahr und/oder unvollständig war.
EM.TV hatte unter anderem gemeldet, dass sie 50% der Anteile an der SLEC erwerben werde und diesen Erwerb dabei nach klägerischer Auffassung einseitig zu positiv dargestellt, insbesondere indem mögliche negative Aspekte des ad hoc gemeldeten Geschäftsabschlusses in der Meldung nicht erwähnt wurden.
Unter anderem durch den Erwerb der Formel 1 – Anteile geriet EM.TV jedoch in eine erhebliche wirtschaftliche Schieflage. Der Aktienkurs fiel im Jahr 2000 von zwischenzeitlich über 120,00 € auf deutlich unter 10 €; die Formel 1- Anteile mussten in der Folge mit erheblichen Verlusten wieder verkauft werden.
Im ersten Verhandlungstermin äußerte sich das OLG dahingehend, dass die Ad-Hoc-Mitteilung vom 22.03.2000 – nach seiner vorläufigen Ansicht – wohl hinsichtlich vier Aspekten falsch sein dürfte:
- In der Ad-Hoc-Meldung wurde der Aktienanteil des Kaufpreises mit ca. 10 Mio. Stück angegeben; tatsächlich wurden jedoch 12,58 Mio. Aktien gezahlt.
- Darüber hinaus wurde nicht mitgeteilt, dass für weitere 25% der Anteile an der Formel 1 nicht nur eine Call-, sondern auch eine Put-Option bestand, also die EM.TV von den Anteilsinhabern kurzfristig zum Kauf weiterer 25% der Anteile zu einem bereits festgelegten Kaufpreis hätte gezwungen werden können.
- Zur Absicherung des Kaufpreises für die Call-/Put-Option wurden die von EM.TV bereits erworbenen 50% der Anteile an der SLEC nachrangig verpfändet, was ebenfalls nicht mitgeteilt wurde.
- Schließlich besteht nach der vorläufigen Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts die Möglichkeit, dass die in der Ad-Hoc-Mitteilung gemachten Ausführungen zu den voraussichtlichen Gewinnen aus dem Erwerb der Formel 1- Anteile und damit zum EBITDA von EM.TV zumindest irreführend sind. Die Erlöse aus der Formel 1 flossen nämlich bis einschließlich 2004 nicht der EM.TV zu, sondern waren vollständig zur Bedienung einer von der SLEC begebenen Anleihe abzuführen.
Das OLG hat einen Beweistermin für den 1. Februar 2013 angesetzt, in dem zwei Zeugen befragt werden sollen.
Rotter Rechtsanwälte vertritt in dem Musterverfahren neben dem Musterkläger fast alle Beigeladenen.
Ansprechpartner: Rechtsanwalt Klaus Rotter (+49 89 64 98 45-0; rotter@rrlaw.de)