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Beratungsfehler: Vorzeitige Kündigung von Versicherungen

Unsere Kanzlei vertritt zahlreiche Mandanten, die auf Empfehlung ihrer Anlageberater oder Versicherungsvermittler ihre bestehenden Versicherungsverträge vorzeitig gekündigt haben. Gleichzeitig mit dieser Empfehlung wurde ihnen entweder der Abschluss eines neuen (nachteiligen) Versicherungsvertrages angeboten oder zu einer Investition in eine risikobehaftete Anlage (z.B. Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Fonds) geraten.

In beiden Fallgruppen kann dem Anlageberater oder Versicherungsvermittler unter bestimmten Voraussetzungen der Vorwurf der Verletzung von Hinweis- und Beratungspflichten im Zusammenhang mit der Kündigung des bestehenden Versicherungsvertrages gemacht werden.

Umdeckung der Versicherung

In der ersten Fallkonstellation liegt eine sog. Umdeckung der Versicherung vor.

In einem solchen Fall wird eine noch bestehende Versicherung, z.B. Lebensversicherung oder Berufungsunfähigkeitsversicherung, vorzeitig gekündigt und eine neue Versicherung abgeschlossen.

Der Umfang der Verpflichtung zur Befragung und Beratung hängt in der Regel von den Umständen des Einzelfalls ab. So hat der BGH in Zusammenhang mit einer Kapitallebensversicherung ausgeführt, dass es sich hierbei regelmäßig um einen komplizierten und damit besonders beratungsbedürftigen Versicherungsvertrag handelt. Der Versicherungsvermittler muss seinen Kunden daher insbesondere auf die Folgen und Risiken (z.B. steuerliche Nachteile; erhebliche Schmälerung des Rückkaufswerts; negative Wertentwicklung der neuen Versicherung; geringerer Schutzumfang) der vorzeitigen Kündigung einer bestehenden und des Abschlusses einer neuen Lebensversicherung hinweisen (vgl. BGH, Urteil v. 13.11.2014, III ZR 544/13; OLG Karlsruhe, Urteil v. 15.09.2011, 12 U 56/11).

Denn gerade ein Versichererwechsel birgt besondere Risiken. Für den Kunden ist es beispielsweise sehr wichtig, dass der Versicherungsschutz nahtlos weiterläuft und der bisherige Schutzumfang sich nicht verschlechtert. Daher steht der Versicherungsvermittler in der Verpflichtung von einer vorzeitigen Kündigung abzuraten, bevor nicht die neuen Konditionen der Versicherung abgeklärt sind. Eine Aufklärung nur über die Risiken der Kündigung allein genügt daher nicht (OLG München, Urteil v. 22.06.2012, 25 U 3343/11; OLG Hamm, Urteil v. 10.06.2010, 18 U 154/09).

Um erfolgreich gerichtlich vorzugehen, ist allerdings entscheidend, wer die Pflichtverletzung des Versicherungsvermittlers zu beweisen hat. Insoweit hat der BGH (Az. III ZR 544/13) entschieden, dass es zu Gunsten des Kunden zu Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr kommt, wenn der Versicherungsvermittler seinen Dokumentationspflichten (§ 61 Abs. 1 Satz 2, 62 VVG) nicht nachkommt.

Empfehlung zur vorzeitigen Kündigung und zum Abschluss einer neuen Geldanlage

Sofern der Anlageberater oder -vermittler dem Kunden empfiehlt, den etwa bestehenden Lebensversicherungsvertrag vorzeitig zu kündigen, um den aus dem Rückkaufswert erlangten Betrag in eine neue Geldanlage zu investieren, kommen regelmäßig Schadenersatzansprüche zu Gunsten des Kunden in Betracht, wenn die Berater den hohen Sorgfaltspflichten nicht nachkommen.

Häufig ist dabei festzustellen, dass die bestehenden Lebensversicherungen der Kunden in der Regel werthaltig und zum Teil auch steuerbefreit sind. Dagegen handelt es sich bei der neuen Geldanlage oft um eine risikobehaftete Anlageform, die deutlichen Wertschwankungen unterliegt. Im schlimmsten Fall besteht das Risiko des vollständigen Kapitalverlustes.

In einem solchen Fall kann insbesondere ein Beratungsfehler des Anlageberaters oder – vermittlers vorliegen, wenn er unzutreffende Angaben etwa über die beim Kunden vorhandene Versicherung macht oder er es unterlässt, eine erforderliche Vergleichsberechnung vorzunehmen oder zumindest auf die Möglichkeit einer solchen Vergleichsberechnung hinzuweisen (BGH, Urteil v. 26.07.2018, I ZR 274/16 Rn. 29).

Nach dem Grundsatz des beratungsgerechten Verhaltens ist zu vermuten, dass der Betroffene sich im Falle des gebotenen Hinweises ohne eine solche Berechnung nicht zu einer Umschichtung entschlossen hätte (BGH, Urteil v. 26.07.2018, I ZR 274/16 Rn. 29).

Gerne prüfen wir, ob Ihnen gegen ihren Anlageberater oder Versicherungsvermittler Schadensersatzansprüche zustehen. Setzen Sie sich hierzu bitte unter mail@rrlaw.de mit uns in Verbindung.

Ansprechpartner: Rechtsanwalt Klaus Rotter (+49 89 64 98 45-0; rotter@rrlaw.de).