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Musterverfahren gegen die Volkswagen AG: Beweisaufnahme erforderlich

Im Kapitalanleger-Musterverfahren gegen die Volkswagen AG und die Porsche Automobil Holding SE (Az.: 3 Kap 1/16) hat das OLG Braunschweig mit Hinweisbeschluss vom 6. März 2023 bekannt gegeben, dass es die Durchführung einer Beweisaufnahme beabsichtigt. Zugleich hat das Gericht Vergleichsgespräche angeregt. Im Falle fehlender Vergleichsbereitschaft auf Seiten der Musterparteien wird in der mündlichen Verhandlung am 23./24. Mai 2023 das Beweisaufnahmeprogramm vorgestellt.

In dem Hinweisbeschluss hat das OLG Braunschweig nochmals festgehalten, dass aus seiner Sicht feststeht, dass bereits ab dem Jahr 2008 mit dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung eine Insiderinformation vorlag. Um für Käufe bis zum 9. Juli 2012 zu einer Haftung der Volkswagen AG zu gelangen, muss nach Ansicht des Gerichts seitens der Musterklägerin bewiesen werden, dass zumindest ein Vorstandsmitglied Kenntnis von der Manipulation gehabt und mit Blick auf die Anleger eine verwerfliche Gesinnung vorgelegen habe. Eine Haftung auf Grundlage eines vorsätzlichen Verstoßes gegen die Informationsbeschaffungs- und Wissensorganisationspflicht des Vorstandes verneint das Gericht. Ob ein grob fahrlässiger Pflichtenverstoß vorliege, könne zumindest nicht ohne Beweisaufnahme über die streitigen Behauptungen festgestellt werden.

Anders verhält es sich für Käufe ab dem 10. Juli 2012: Bei den diesbezüglich geltend gemachten Ansprüchen nach § 37b WpHG a.F. muss die Volkswagen AG beweisen, dass das Unterlassen der erforderlichen Ad-hoc-Mitteilung durch den Vorstand weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gewesen ist. Dabei kommt es nach Ansicht des OLG Braunschweig allein auf das Wissen des aktienrechtlichen Vorstandes an. Für eine Wissenszurechnung von Bereichsleitern, Markenvorständen oder Mitgliedern des Ausschusses für Produktsicherheit bestehe hingegen keine rechtliche Grundlage.

Mit dem Musterverfahren gegen die Volkswagen AG wird Anlegern die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen erleichtert, da im Rahmen eines solchen KapMuG-Verfahrens gleichlautende Tatsachen- und Rechtsfragen durch das zuständige Oberlandesgericht verbindlich für alle Kläger entschieden werden können.

Das OLG Braunschweig hatte im März 2017 die Deka Investment GmbH zur Musterklägerin in diesem Verfahren bestimmt (Az.: 3 Kap 1/16) →Pressemeldung OLG Braunschweig.

Die einzelnen Feststellungsziele ergeben sich aus dem Vorlagebeschluss des Landgerichts Braunschweig vom 05.08.2016 (Az.: 5 OH 62/16).

Ansprechpartner: Rechtsanwalt Bernd Jochem (+49 89 64 98 45-0; jochem@rrlaw.de)

Musterverfahren gegen die Volkswagen AG