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Zinsswap Schadensersatz wegen Falschberatung

Die Frage, inwieweit bei einem Zinsswap Schadensersatz wegen Falschberatung geltend gemacht werden kann, hat in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Gerichten beschäftigt. Insbesondere Kommunen und Kommunalunternehmen in Privatrechtsform aber auch Unternehmen aus verschiedensten Wirtschaftszweigen bedienen sich zur Abfederung ihrer Zinsbelastung so genannter Zinsswap-Geschäfte.

Diesen Geschäften liegt der Gedanke des Austauschs von Finanzierungselementen zwischen verschiedenen Marktteilnehmern zu Grunde. Stark vereinfacht ausgedrückt tauschen diese Zinssätze in der Hoffnung aus, der jeweils eingetauschte Zinssatz trage zur Senkung der Zinslast im eigenen Kreditportfolio bei. Klassische Zinsswap-Geschäfte, die einen unmittelbaren Bezug zum Kreditportfolio des Betroffenen haben, gelten seit längerer Zeit als anerkannt und bewährt. Deutsche Großbanken haben allerdings insbesondere in den letzten Jahren Zinsswap-Konstruktionen angeboten, die den unmittelbaren Bezug zum jeweiligen Kreditportfolio vermissen lassen und als reine Spekulationsgeschäfte mit erheblichen Risiken behaftet sind. Dabei traten die Banken nicht selten als „Wettpartner“ der Unternehmen auf und nahmen insoweit eine den Unternehmen entgegengesetzte Position ein.

Wann kann bei einem Zinsswap Schadensersatz wegen Falschberatung beansprucht werden?

Ausgangspunkt für die Frage, wann bei einem Zinsswap Schadensersatz wegen Falschberatung beansprucht werden kann, ist zunächst ein Beratungsvertrag, der nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwischen einem Kunden und einer Bank bereits stillschweigend dann zustande, wenn der Anlageberater einer Bank an den Kunden herantritt, um diesen über die Vermögensanlage zu beraten und das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend angenommen wird (vgl. BGH NJW 1993, 2433, sogenanntes „Bond“-Urteil).

Anleger- und objektgerechte Beratung bei einem Zinsswap

Dass die aus einem Beratungsvertrag resultierenden Pflichten zur anleger- und objektgerechten Beratung einen grundsätzlichen Pflichtenkanon für den Berater darstellen und daher ohne weiteres auch für Swap-Wetten gelten, hat der BGH mit seinen Urteilen vom 22. März 2011 (Az. XI ZR 33/10), vom 20.01.2015 (Az. XI ZR 316/13) und zuletzt vom 28.04.2015 (Az. XI ZR 378/13) bestätigt. Hinsichtlich der diesbezüglich zu beachtenden Pflichten einer Bank bei komplex strukturierten Swap-Verträgen hat der BGH erkannt, dass besonders scharfe Anforderungen gelten. Zur Pflicht des Beraters anlegergerecht zu beraten, und zur damit einhergehenden Notwendigkeit einer genauen Ermittlung der Risikobereitschaft führt der Bundesgerichtshof in seinem Urteil v. 22. März 2011 – XI ZR 33/10 aus:

„Auch wenn die beratenden Bank – wie hier – Risiken des Produkts anhand von Berechnungsbeispielen schildert und auf ein „theoretisch unbegrenztes“ Verlustrisiko hinweist, kann sie bei einem so hoch komplex strukturierten Finanzprodukt wie dem hier in Rede stehenden CMS Spread Ladder Swap – Vertrag nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass ein Kunde, der das Geschäft abschließt, auch bereit ist, hohe Risiken zu tragen. Es ist gerade die Aufgabe des Anlageberaters, ausschließlich Produkte zu empfehlen, die mit den Anlagezielen des Kunden – Anlagezweck und Risikobereitschaft – tatsächlich übereinstimmen. Erkundigt er sich nicht bereits – wie von der Rechtsprechung und aufsichtsrechtlich gefordert – vor seiner Anlageempfehlung nach der Risikobereitschaft des Kunden, so kann er seiner Pflicht zu einer anlegergerechten Empfehlung nur dadurch entsprechen, dass er sich noch vor der Anlageentscheidung seines Kunden die Gewissheit verschafft, dass dieser die von ihm geschilderten Risiken des Finanzprodukts in jeder Hinsicht verstanden hat. Andernfalls kann er nicht davon ausgehen, dass seine Empfehlung der Risikobereitschaft des Kunden entspricht. Hierfür hätte die Beklagte sicherstellen müssen, dass sich die Klägerin bewusst ist, dass ihr Verlustrisiko – anders als das Verlustrisiko der Beklagten – der Höhe nach nicht begrenzt ist und nicht nur theoretisch besteht, sondern bei entsprechender Entwicklung der Zinsdifferenz eine durchaus realistische Möglichkeit ist. Feststellungen hierzu fehlen.“

Daneben besteht für eine Bank auch die Pflicht zur objektgerechten Beratung. In diesem Zusammenhang muss insbesondere über die Struktur, Funktionsweise, die konkreten Risiken des Zinsswaps wie z. B. das Wechselkursrisiko sowie das Risiko eines theoretisch unbeschränkten Verlusts und die Notwendigkeit eines professionellen Risikomanagements aufgeklärt werden.

Aufklärungsbedürftige Interessenkollision und „Negativer Marktwert“

Schließlich ist eine Bank in diesen Fällen zur Aufklärung über einen schwerwiegenden Interessenskonflikt verpflichtet. Der Interessenkonflikt besteht dann, wenn die Bank das empfohlene Produkt nicht nur vertreibt, sondern zugleich als Gegenpartei des Geschäfts in Erscheinung tritt. Dieser Interessenkonflikt tritt dabei durch den sog. anfänglichen negativen Marktwert zu Tage.

Dabei ist es gemäß Urteil des BGH vom 23.03.2011, AZ: XI ZR 33/10, unerheblich, ob der anfängliche negative Marktwert seiner Höhe nach lediglich einer Gewinnmarge entspricht. Entscheidend ist vielmehr, dass aus dem Vorliegen eines anfänglichen negativen Marktwerts – gleich welcher Höhe – geschlossen werden kann, dass eine Bank den anfänglichen Marktwert und damit die Risikostruktur des jeweiligen Swap-Geschäfts zu Lasten des Kunden verändert hat. Der BGH führt hierzu aus (Urteil vom 22.03.2011, AZ: XI ZR 33/10, Rn. 36 am Ende):

„Dabei spielt es entgegen der Revisionserwiderung keine Rolle, ob die einstrukturierte Gewinnmarge der Beklagten marktüblich ist und die Erfolgsaussichten der Kunden nicht wesentlich beeinträch-tigt. Maßgeblich ist allein, dass die Integrität der Beratungsleistung der Beklagten dadurch in Zweifel gezogen wird, dass sie sich ein zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach den Berechnungsmodellen überwiegendes Verlustrisiko des Kunden „abkaufen“ lässt, das dieser gerade aufgrund ihrer Anlageempfehlung übernommen hat.“

Die Aufklärung über den bestehenden anfänglichen negativen Marktwert ist also entscheidend, weil dieser nichts mit der mehr oder weniger komplexen Zinsformel zu tun hat. Vielmehr wird dem Kunden erst bei Mitteilung des anfänglich negativen Marktwertes vor Augen geführt, dass er ein Finanzprodukt kauft, bei dem die ausstehenden wechselseitigen Zahlungen der Parteien finanzmathematisch berechnet auf der Grundlage der Terminzinssätze bzw. Wechselkurse sowie saldiert und abgezinst auf den Zeitpunkt des Erwerbs für ihn negativ sind. Der Kunde wettet daher gleichsam gegen die Einschätzung des Marktes und die Bank zieht gerade hieraus ihren Vorteil, indem sie das vom Markt geringer bewertete Finanzinstrument mit Gewinn verkaufen kann (vgl. Urteil des LG Düsseldorf v. 11.05.2012 – Az. 8 O 77/11, Rn 142).

Kommt eine Bank an zumindest einer Stelle den aufgeführten Pflichten nicht nach, kann der Kunde bei einem Zinsswap Schadensersatz wegen Falschberatung verlangen.

Ansprechpartner: Rechtsanwalt Tillmann Spörel (+49 89 64 98 45-0; spoerel@rrlaw.de).