Schlussanträge des Generalanwalts im Musterprozess Markus Geltl gegen Daimler AG
Am gestrigen 21. März 2012 wurden die Schlußanträge des Generalanwalts beim EuGH verkündet. Diese beantworten die beiden Vorlagefragen des Bundesgerichtshofes (BGH) weit überwiegend im Sinne des von Rotter Rechtsanwälten vertretenen Musterklägers (Rechtssache C-19/11).
Gegenstand des seit 2005 von Rotter Rechtsanwälten als Musterklägervertreter geführten Verfahrens gegen die Daimler AG ist die Frage, ob das vorzeitige Ausscheiden des seinerzeitigen Vorstandsvorsitzenden Prof. Jürgen Schrempp rechtzeitig per Ad-hoc-Meldung bekannt gegeben wurde. In diesem Zusammenhang hatte der BGH mit Beschluss vom 22. November 2010 dem EuGH zwei Rechtsfragen zur Auslegung insbesondere der europäischen Marktmißbrauchsrichtlinie vorgelegt:
Hinsichtlich der ersten Frage vertritt der Generalanwalt die Auffassung, dass auch sämtliche Zwischenschritte eines gestreckten Geschehensablaufs (hier: Vorbereitung und Abwicklung des vorzeitigen Ausscheidens von Prof. Schrempp) grundsätzlich eigenständige, präzise Informationen im Sinne der Richtlinie sind, die damit jeweils gesondert auf ihre Eignung als veröffentlichungspflichtige Insiderinformationen zu prüfen und ggf. ad hoc zu veröffentlichen sind.
Aus Sicht der Musterklägervertreter könnte damit eine Veröffentlichungspflicht schon hinsichtlich des ersten Gesprächs im Mai 2005, in dem Prof. Schrempp Herrn Kopper seine Amtsmüdigkeit mitgeteilt hatte, bestanden haben.
Hinsichtlich der zweiten Vorlagefrage lehnt der Generalanwalt bei der Auslegung des Begriffs der hinreichenden Wahrscheinlichkeit zukünftiger Ereignisse ein starres, z.B. an festen Prozentsätzen orientiertes Regime zur Wahrscheinlichkeitsbeurteilung als generell ungeeignet ab. Hinreichende Wahrscheinlichkeit müsse nicht überwiegende oder hohe Wahrscheinlichkeit sein. Bei hohem Kursbeeinflussungspotential genüge sogar die bloße Möglichkeit des Eintritts des zukünftigen Ereignisses.
Aus Sicht von Rotter Rechtsanwälten könnte damit schon die bloße Möglichkeit, dass der vom Kapitalmarkt vielfach abgestrafte Vorstandsvorsitzende Schrempp sein Amt möglicherweise vorzeitig zur Verfügung stellen würde, als erheblich kursbeeinflussende Tatsache ad-hoc-pflichtig gewesen sein.
Der abschließenden Entscheidung von EuGH wie BGH darf man gespannt entgegensehen, da diese jedenfalls weit über den aktuellen Fall hinaus Bedeutung für alle ad-hoc-pflichtigen Unternehmen haben werden.
Ansprechpartner: Rechtsanwalt Klaus Rotter (+49 89 64 98 45-0; rotter@rrlaw.de)